Nöttinger Flurbereinigung in vollem Gange / Neueinweisung frühestens 2024
3.000 Teile sind selbst für Puzzlebegeisterte kein Zuckerschlecken. Für Jürgen Pilz kommt allerdings hinzu, dass sein Puzzle keine Musterlösung hat, sondern sein Team die Wünsche von rund 850 Grundstückseigentümern einbezieht, um die Flur rund um Nöttingen und einem Randgebiet von Wilferdingen neu zu ordnen. Der Leitende Fachbeamte des Landratsamts Enzkreis ist nebens sechs weiteren Verfahren zuständig für die Flurbereinigung in Remchingen, die im Jahr 2009 im Zuge des Autobahnausbaus ins Rollen kam.
25 Hektar Land hatte der Trassenneubau geschluckt – um eine Enteignung und große Verluste für wenige zu vermeiden, werden die Flurstücke auf einem Einzugsgebiet von damals 950 Hektar neu geordnet. Zum Entzug hinzu kamen gemeinschaftliche Anlagen wie 16 Kilometer neue oder ertüchtigte Wege, die Gestaltung von Gräben, Bächen und weitere Landschaftspflegemaßnahmen im Ranntal, außerdem erfolgte eine Bereitstellung für Ortsteilverbindungsstraße und Hochwasserdamm.
„Die Maßnahmen sind schon jetzt ein Glückfalls für die Gemeinde – für viele Besitzer, Bewirtschafter, aber auch Spaziergänger, Radfahrer und Naherholer“, freut sich Gerhard Roth, Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft mit Blick auf Baumaßnahmen in Höhe von 2,1 Millionen Euro, die neben einem freiwilligen Zuschuss der Gemeinde über 200.000 Euro zum Großteil der Staat trägt. Aktuell läuft der Bau von zwei Brücken: Unter der Pfinztalbrücke vor dem Nöttinger Ortseingang werden Frauenwaldweg und Landstraße über die Pfinz verbunden.
Geplant war nur ein zeitweises Provisorium für den Baustellenverkehr zum Neubau der Autobahnbrücke, das sich für den landwirtschaftlichen Verkehr zur Ortsentlastung als nützlich erwiesen hatte. Zudem haben die Arbeiten an der denkmalgeschützten Rundbogenbrücke vor dem Hochwasserdamm begonnen, deren historisches Sandsteingemäuer als Verblendung wieder angebracht wird, wie Pilz erklärt.
Bis auf einen Parallelweg zur Ortsteilverbindungsstraße und der Anbindung der späteren A8-Grünbrücke haben Bagger, Planierraupe und Co. dann ihren Dienst getan – für Pilz und seine drei speziell für Remchingen beauftragten Kollegen geht es in die heiße Phase der Neustrukturierung. Seit 2020 vermessen sie das gesamte Einzugsgebiet, um zentimetergenau festzustellen, wie Straßen, Wege und Bauwerke tatsächlich in der Landschaft liegen und wie viel Fläche bleibt.
Im Herbst sollen alle 850 Eigentümer ein Anschreiben bekommen und können im Laufe des Jahres 2022 schriftlich, telefonisch oder persönlich ihre Wünsche erklären, wie ihr neues Eigentum zugeschnitten werden sollte. Insbesondere für Besitzer von mehren räumlich verteilten Flurstücken wird der Wunschtermin interessant, da sie diese möglicherweise zusammenlegen können: „Wir versuchen, alle realistischen Wünsche bestmöglich zu erfüllen“, verdeutlicht Pilz, dessen Team bei der Zuteilung stets auf eine wertgleiche Entschädigung, was beispielsweise Bodengüte, Baumbestand, Ortsentfernung oder den Acker-/Grünlandstatus betrifft, achtet.
Im Streuobstbereich solle es so wenig Eingriffe wie möglich geben. Im Jahr 2024 sollen dann rund 10.000 Holzpflöcke zur Markierung der neuen Grundstücksgrenzen geschlagen werden. „Der Computer kann uns zwar unterstützen, die Zuteilung selbst geschieht aber durch reine Handarbeit und Hirnschmalz – da spielen viel zu viele Überlegungen und Wünsche mit rein“, so Pilz, der zuversichtlich ist, dass am Ende alle profitieren.
Nachdem die Eigentümer anfangs aufgeklärt wurden, dass sie bis zu fünf Prozent ihrer Fläche gegen Entschädigung und bis zu drei Prozent für die gemeinschaftlichen Anlagen entschädigungslos verlieren, hat Roth schon jetzt gute Nachrichten für die Teilnehmer: „Wahrscheinlich wird am Ende fast gar nichts abgezogen, da im Laufe der Jahre viele Grundstücke für die Bundesrepublik erworben werden konnten, sodass wir den Abzug auf fast null bringen können.“
jza