27. Mai 2023

„Ausruhen ist im Remchinger Rathaus künftig nicht angesagt“

Der scheidende Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon blickt zurück und nach vorne


Nach 13 Jahren als Remchinger Bürgermeister zieht es Luca Wilhelm Prayon zu neuen Ufern. Diese Woche war seine letzte im Remchinger Rathaus, nach einer Woche Urlaub und einer Woche Vorbereitungszeit tritt er dann Mitte Juni das Amt als Landrat des Bodenseekreises an. Zum Abschiedsinterview haben wir ihn noch einmal an seinem Arbeitsplatz getroffen.

Herr Prayon, in wenigen Tagen treten Sie Ihr Amt als Landrat des Bodenseekreises an – und verlassen Remchingen nach über 13 Jahren als Bürgermeister. Mischt sich unter die Vorfreude ein wenig Abschiedsschmerz?
Luca Wilhelm Prayon: Natürlich freue ich mich riesig auf das neue Amt, die Region und die neue Herausforderung. Aber solange ich noch voll und ganz hier bin, überwiegt die Wehmut, da Remchingen ja doch Heimat geworden ist für uns als Familie.

Eigentlich hätten Sie ja noch drei Jahre gehabt. Was hat Sie aus dem neuen Rathaus an die neuen Ufer gelockt?
Prayon: 13 Jahre sind eine schöne Zeit, in der wir viele Projekte erfolgreich beenden und einen gewissen Punkt setzen konnten. Es steht viel Neues an, das ich aber guten Gewissens überlassen kann. Das Amt am Bodensee war eine Chance, bei der ich entgegen so mancher Anfragen oder Ideen in der Vergangenheit das Gefühl hatte, es passt. Die Abenteuerlust hat überwogen.

Nach einer Woche Urlaub geht es schon richtig los am Bodensee. Heute Bürgermeister – morgen Landrat. Kann man denn da so einfach umschalten?
Prayon: Das wird eine spannende Herausforderung. Der Kreis ist größer, die Aufgaben andere, aber das Schönste an beidem ist, jeden Tag mit den Menschen in Kontakt und für die Mitarbeiter da zu sein. Wenn man das mag, ist es ein Traumberuf.

Bleibt überhaupt Zeit für einen gebührenden Abschied?
Prayon: Ich gehe ja freiwillig, vorzeitig und nicht in Ruhestand. Ich wollte keinen vielleicht ermüdenden Abend mit vielen Reden, eher ein Musikfest. Nun hatten aber Musikverein und Sinfonieorchester gerade eigene Feste, sodass ich auf eine große offizielle Verabschiedung verzichtet habe.

Auf welche drei Projekte während Ihrer Amtszeit blicken Sie besonders gerne zurück?
Prayon: Besonders gefreut hat mich die Verwirklichung der Neuen Ortsmitte mit dem ganzen Leben drum herum. Dass wir es geschafft haben, die Flüchtlingskrise zusammen mit vielen Ehrenamtlichen relativ geräuschlos zu bewältigen, hat mich sehr berührt. Ich fand es wichtig und gut, dass wir die Freibadsanierung trotz hoher Kosten geschafft haben und mit der Gründung des Amtes für Familie und Bildung und dem Projekt „Kinderfreundliche Kommune“ den Fokus auf unsere Familien gelegt haben.

Was waren die größten Herausforderungen?
Prayon: Als ich ins Amt kam, war die große Finanzkrise am Abklingen, dann kam die Flüchtlingskrise und schließlich Corona mit mannigfaltigen Herausforderungen für die Verwaltung vom Kindergarten bis zum Altenpflegeheim. Täglich beschäftigt uns die Suche nach geeignetem Personal, gleichzeitig steigen die Anforderungen von Bund und Land an die Kommunen. Dem allem nachzukommen ist nicht einfach.

Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Prayon: Beim jahrelangen Versuch, das alte Singener Sägewerksgelände gemeinsam zu entwickeln, hatte ich eigentlich den Eindruck, dass die Eigentümer denselben Willen haben. Trotzdem haben wir wieder viele Jahre in Verhandlungen verloren. Vielleicht hätte ich am Anfang viel dezidierter auftreten müssen. Andererseits hätte das meinem Wesen widersprochen, niemanden überfahren zu wollen.

Der heiß diskutierte Rathausneubau oder die Ortsteilverbindung sind abgeschlossen, ein neues Wohngebiet auf den Weg gebracht – kann sich die Nachfolge erstmal beruhigt zurücklehnen?
Prayon: Mitnichten! Der Jugendcampus ist im Entstehen, wir haben den Umbau von Altenpflegeheim und Hallenbad als weitere große Millionenprojekte, die Ortsdurchfahrt Nöttingen, Feuerwehrhaus, Rettungswache, mittelfristig die Bahnhofsanierung und die Ganztagesschule. Das sind alles tolle Projekte, die Remchingen nochmal richtig nach vorne bringen. Vieles ist auf dem Gleis. Aber ausruhen im Rathaus ist leider nicht angesagt.

Während dem Umzug werden sie noch einige Male in Remchingen zu sehen sein – um bei der Gelegenheit Ihre Nachfolge einzulernen?
Prayon: (lacht) Nein! Meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger trifft auf eine wirklich exzellente Verwaltung und einen kompetenten, weitsichtigen Gemeinderat – da bedarf es keiner klugen Sprüche eines Altbürgermeisters.

Die politische Rückkehr des Altbürgermeisters soll sich also nicht wiederholen?
Prayon: Nein, definitiv nicht!

Möglicherweise dürfen Sie selbst noch hier wählen. Haben Sie schon eine Präferenz unter den verbleibenden vier Namen?
Prayon: Nein, zum einen bin ich als Vorsitzender des Wahlausschusses zu absoluter Neutralität verpflichtet. Und zum anderen schickt es sich einfach nicht, dass ein Amtsinhaber – ebenso wenig wie ein Vorgänger – sich in irgendeiner Form einbringt.

Auch nicht, wenn einer der Kandidaten der eigene Kämmerer ist?
Prayon: Auch dann nicht.

Sie waren nicht nur Bürgermeister, sondern sind mit Ihrer Frau und den drei Kindern selbst heimisch geworden. Was werden Sie persönlich vermissen?
Prayon: Zum einen werde ich ganz furchtbar viele liebe Menschen vermissen, bei denen wir unsere Heimat hatten. Aber auch die Region, den Kreisrat und viele gewachsene Verbindungen. Vielleicht wird mir auch das Unmittelbare, als Bürgermeister direkt etwas bewegen zu können, ein wenig fehlen.

Wie haben Sie die Remchinger erlebt?
Prayon: Im Umland hört man immer, sie seien besonders kritisch – das kann ich aber eigentlich nicht bestätigen. Natürlich wird auch mal gescholten, aber das gehört dazu. Ich finde, es gibt eine unglaubliche Unterstützung und empfand Remchingen als sehr offene Gemeinde, in der man sich sehr wohlfühlen kann, mit aktiven Vereinen und Kirchen. Da ist einfach Elan da.

Kommt die Remchingen-Tasse mit auf den neuen Schreibtisch oder bleibt Ihnen die Gemeinde im Kopf?
Prayon: Im Herzen!

Der Bodensee ist eine beliebte Touristenregion: Wird es das eine oder andere Wiedersehen geben?
Es wird auf jeden Fall ein Wiedersehn geben, nicht nur in Remchingen oder am Bodensee. Durch unsere freundschaftliche Verbundenheit bleiben wir auch im sizilianischen Partnerschaftsverein.

jza

Zufrieden und dankbar blickt Luca Wilhelm Prayon auf seine Zeit in Remchingen zurück – freut sich aber auch auf die neue Herausforderung am Bodensee. Foto: Zachmann

Ein letztes Mal Innehalten, bevor es an die neuen Ufer geht: Remchingens Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon. Foto: Zachmann

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