„Es gibt keine bessere Zeit, als jetzt in eine duale Ausbildung zu starten“

Während der Pandemie laufen die Bänder in den Betrieben ebenso weiter wie Schüler ihren Abschluss machen – doch wie finden Azubis und Unternehmen unter erschwerten Kontaktbedingungen zusammen? Nachdem die rege Firmenkontaktmesse der Remchinger Carl-Dittler-Realschule zum zweiten Mal nicht wie gewohnt stattfinden konnte, startete das Organisationsteam um die Lehrerinnen Britta Baumgartner, Juana Pfrommer und Schulleiterin Ute Westphal eine digitale Ausbildungsmesse. Einen Nachmittag lang konnten sich alle Acht- und Neuntklässler übers Internet mit insgesamt 30 regionalen Unternehmen von der Krankenkasse über den Maschinenbauer bis hin zum Zahnarzt im Videochat austauschen.

„Eigentlich gibt es keine bessere Zeit, um in eine Ausbildung zu starten – die Azubis werden umgarnt wie ein kleiner Prinz“, bringt der Nöttinger Gießereichef Felix Casper bei einer Nachbesprechung der digitalen Messe die derzeitige Situation auf den Punkt: Die Betriebe buhlen regelrecht um Nachwuchs. Gleichzeitig berichtet Schulsozialarbeiterin Julia Reinhard von Ungewissheit und Zukunftsängsten, mit denen viele Schüler während der Pandemie das Gespräch mit ihr suchen. Eine handfeste Zahl untermauert dies: „In den Jahren zuvor ist an unserer Schule mindestens jeder Zweite mit der Mittleren Reife direkt in eine Ausbildung gestartet – eine tolle und durchaus seltene Quote, die gezeigt hat, wie vielfältig die Ausbildungsangebote in unserer Umgebung sind“, erinnert sich Westphal.

Die Pandemie habe jedoch dafür gesorgt, dass sich der Großteil der Schüler momentan zunächst für weiterführende Schulen oder Berufskollegs entscheide: „Dabei ist das keineswegs eine sichere Bank für alle“, unterstreicht Westphal mit Blick auf diejenigen, die nach ein oder zwei Jahren erkennen, dass eine gute duale Ausbildung doch die bessere Wahl gewesen wäre und dann Schwierigkeiten hätten, einen passenden Platz zu bekommen. Der Kontakt zur Berufswelt sei auch dadurch erschwert, dass die Schule derzeit keine Praktika anbieten dürfe. Vielerorts seien diese aber auf privater Basis möglich, unterstreicht Samantha Wendel von der VR Bank Enz plus: „Viele Schüler kommen in ihren Ferien oder am Nachmittag“, so die Ausbildungsleiterin, die kreative Wege gefunden hat, um unter Einhaltung der Hygiene Schnuppertage zu ermöglichen.

Seit Jahren bietet sie der Realschule auch ein Bewerbertraining an, um Schüler fit für den Kontakt mit Unternehmen zu machen. Auch bei der digitalen Messe konnten sie in diesem Bereich viel dazulernen, berichten Luise Herrmann und Niklas Erndwein: „Zu Beginn waren wir etwas aufgeregt, schließlich zählt der erste Eindruck und es ist anders, wenn man sich über die Webcam quasi direkt gegenübersitzt, als in der Gruppe an einem Firmenstand vorbeizukommen“, berichten die Neuntklässler, die zuvor mit ihren Mitschülern geübt hätten und an der digitalen Messe neben Einblicken in die Berufsvielfalt auch solche Erfahrungen schätzten: „Viele Mitschüler haben nun mehr Klarheit über ihre Zukunft bekommen. Es war toll, dass neben den Firmenchefs auch Azubis selbst Rede und Antwort standen“, resümiert Luisa.

jza