Workshop von Gemeinde, keep und Netze BW bringt auch unbequeme Aspekte zu Tage
Klimaschutz geht alle etwas an – auch wenn er durchaus unbequem sein kann. Das verdeutlichte am Montagabend die „Einstiegs- und Orientierungsberatung“ der Gemeinde Remchingen, fachlich begleitet von der Klimaschutz- und Energieagentur Enzkreis Pforzheim (keep) sowie der Abteilung „Nachhaltige Stadt“ der Netze BW. Mit über 100 Teilnehmern übertraf die Resonanz die Erwartungen der Organisatoren. Nach zwei Impulsvorträgen kamen die Bürger selbst ins Gespräch, um gemeinsam engagierte Vorschläge für den Klimaschutz vor Ort zu machen.
Doch nicht bei allen Besuchern stießen die kurz darauf reihenweise an Stellwände gepinnten Ideen auf Begeisterung: „Während Deutschland den Ausstoß verringert, blasen andere Länder immer mehr CO2-Emissionen in die Luft“, kommentierte ein Teilnehmer, „Was würde es der Welt überhaupt bringen, wenn wir alle sparen würden?“ Er könne es nicht verstehen, wenn Klima-Aktivisten selbst in den Flieger steigen und habe ein Problem damit, dass Klimaschutz von oben reguliert werde, bemerkte ein anderer.
„Und ich habe ein Problem damit, dass es freiwillig nicht funktioniert“, entgegnete Fachberater Jörg Scholtes (Netze BW). In seinem Vortrag zeigte er auf, dass eine Klimaneutralität nicht allein durch den Ausbau erneuerbarer Energien, sondern nur durch eine gleichzeitig konsequente Einsparung zu schaffen sei. Mit über 9.000 zugelassenen Fahrzeugen, davon knapp 8.000 PKW, liegen die 12.000 Einwohner in Remchingen ebenso leicht über dem Landesschnitt wie mit der Wohnfläche. Selbst wenn man die Autobahn, die durch die Gemeinde führt, außer Betracht ließe, seien der Verkehr und die privaten Haushalte die größten Verbraucher: „Deshalb sollte man nicht immer auf die Industrie zeigen, sondern sich auch an der eigenen Nase fassen.“ Während die Gemeinde schon vor Jahren ihre Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt und einen großen Solarpark in Wilferdingen errichtet hatte, habe sich auch privat schon einiges getan. Zwar seien von den „sehr gut“ geeigneten Dachflächen die meisten bereits mit Solar- und Photovoltaikanlagen erschlossen, im Bereich der „guten“ Flächen gebe es aber noch großes Potenzial, das sich lohne. Vom Sparduschkopf über LED-Lampen, Isolationen, richtiges Lüften im Winter oder den Verzicht auf Wäschetrockner und Flugreisen präsentierte Elias Wege (keep) zahlreiche Stellschrauben.
Ein gutes Radwegenetz, eine beschleunigte Bahnhofssanierung, mehr Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden oder über Parkplätzen, weniger Flächenversiegelung, regionales Einkaufen, ein gemäßigter Konsum, umfassende Informationen, individuelle Förderungen erneuerbarer Energien vor Ort, die am Abend kontrovers diskutierte Windkraft, aber auch der Wunsch nach einer zwanglosen Umsetzung gehörten zu den individuellen Anregungen der Teilnehmer. Bürgermeister-Stellvertreter Kurt Ebel und die Amtsleiter bedankten sich für die zahlreichen Ideen. Im Laufe des Projekts sollen diese nun ausgewertet und anschließend dem Gemeinderat und der Verwaltung präsentiert werden. Mindestens eine konkrete Maßnahme muss die Kommune selbst innerhalb der nächsten anderthalb Jahre umsetzen, so die Zielvorgabe der Nationalen Klimaschutz-Initiative, die das Projekt fördert. „Wir alleine können nicht die Welt retten, aber effektiv unseren Beitrag dazu leisten, indem wir auf das schauen, was wir tun können“, ermutigte Edith Marqués Berger (keep), gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
jza