Engagierte Obst- und Gartenbauern zeigen Früchte der Vereinsarbeit
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: So feiert der Obst- und Gartenbauverein (OGV) Wilferdingen sein 100. Jubiläum am Sonntag einen Tag nach dem des OGV-Kreisverbands in der Remchinger Kulturhalle. 1924 war nicht nur das Gründungsjahr der drei Remchinger OGVs, sondern auch einiger weiterer in der Region – vor durchaus ernstem Hintergrund: Sie sollten mit Rat und Tat in einer nach dem Ersten Weltkrieg von harter Arbeit und wenig Freizeit geprägten Gesellschaft helfen, die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung zu sichern. So versammelte der damalige Wilferdinger Bürgermeister Wilhelm Friedrich Schäfer am Sonntag, 6. April 1924, 16 interessierte Bürger im Ratsschreiberzimmer, um den Verein unter dem Vorsitz von Karl Pailer aus der Wiege zu heben.
Dem anfangs verhaltenen Zuspruch folgten immer mehr Interessierte Bürger. So gab es noch im ersten Jahr eine Obst- und Gemüseausstellung auf 260 schön dekorierten Tellern im „Krone“-Saal und wenig später eine Blumen- und Frühobstausstellung mit Tanzmusik und Gabenverlosung. Von den Erlösen beschaffte der Verein später eine im Landgasthof „Hirsch“ deponierte Karrenspritze – und wählte Gottlieb Dreßler zum ordnungsgemäßen Baumspritzer Wilferdigens. Das sorgte für ebenso viele Diskussionen wie Anfang der 30er-Jahre eine groß angelegte Baumpfropfaktion, die neue Sorten auf alte Bäume bringen sollte und den Verein aufgrund unterschiedlicher Meinungen fast entzweit hätte – in einen OGV unterhalb und einen oberhalb der B10. Der Streit war bald vergessen, als die Wilferdinger mit prächtigen Erntedank-Festwagen durchs Dorf zogen. Mit Baumschnittkursen, Ausstellungen im „Rössle“-Saal und später in der alten Turnhalle sowie geselligen Ausflügen und Lehrfahrten schaffte der Verein nach den Kriegsjahren den Neubeginn.
Ganz neue Möglichkeiten schuf das Jahr 1954, in dem der Verein eine Allmende-Wiese im Gewann „Lampenloch“ von der Gemeinde übernehmen und einen Lehrgarten mit empfehlenswerten Apfel- und Birnensorten anlegen konnte – Zaun an Zaun zu einem bis Mitte der 70er-Jahre dort lebenden Weinbergschnecken-Sammler. Aus einer Gerätehütte wurde durch großen ehrenamtlichen Einsatz eine erste Vereinshütte – und 1998 ein schmuckes Vereinsheim samt Teichanlage. Schon zuvor und bis heute haben die Vorsitzenden Franz Reindl, Edwin Müller, Bernd Gegenheimer und schließlich das Trio um Reinhard Engel, Walter Mehne und Rudi Schäfer die Vereinsangebote immer weiterentwickelt und neben örtlichen Blumenschmuckwettbewerben, heitern Ferienspielen und mehrtägigen Reisen auch regelmäßige „Offene Abende“ mit informativen Vorträgen etabliert.
Letztere sind im heutigen Jahresprogramm kaum mehr wegzudenken, wenn auch die Themen immer breiter gefächert sind und über Fachthemen hinaus bis hin zu Gesundheitstipps, Kulinarischem oder Kreativem reichen, wie die heutigen Vorsitzenden Bernd Hofsäß und Oliver Schmolla feststellen. „Der OGV leistet heute nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz, sondern sorgt auch für ein geselliges Miteinander und bringt dabei Jung und Alt zusammen“, verdeutlicht Schmolla, während sich Hofsäß über mittlerweile mehr als 300 Mitglieder freut: „Gerade jüngere Menschen und Familien legen wieder von Neuem Wert auf eigenes Obst und Gemüse und wir haben ein wachsendes Bewusstsein für Naturthemen.“ Mit der Aktion „100 Jahre – 100 Gärten“ verteilte der Verein im Jubiläumsjahr 100 Startersets mit Setzlingen, Sämereien und Ratschlägen an Interessierte aus der Gemeinde – und versammelte vor wenigen Tagen eine ganze Schar Kinder zum heiteren Saftpressen.
Buntes Festprogramm zeigt Früchte der Vereinsarbeit
Ein Erntedankgottesdienst mit der evangelischen Kirchengemeinde Wilferdingen und dem CVJM-Posaunenchor eröffnet das Festprogramm des OGV Wilferdingen am Sonntag, 6. Oktober, um 10 Uhr in der Kulturhalle. Anschließend gibt es Mittagessen und nachmittags Kaffee und Kuchen. Während eine liebevoll dekorierte Obst- und Gemüseausstellung mit über 100 Apfelsorten sowie ein Basteltisch ins Foyer locken, beginnt um 15.30 Uhr das Jubiläumsprogramm mit kurzweiligen Grußworten, Ehrungen und der Preisverleihung des Blumenschmuckwettbewerbs für die insektenfreundlichsten Gärten und Balkone im Ort.
Zeitstrahl
6. April 1924
An einem Sonntag wird der Obst- und Gartenbauverein Wilferdingen auf dem Rathaus gegründet.
1932
Die Diskussion über eine neuartige Baumpfropf-Methode spaltet die Mitglieder
1949
An Gründonnerstag besuchen 70 Teilnehmer einen von Obstbautechniker Ernst Ege geleiteten Baumschnittrundgang – eine bis heuet außergewöhnlich hohe Zahl
1954
Der Verein pachtet ein Streuobstgrundstück im „Lampenloch“ von der Gemeinde – der Lehrgarten entsteht
1958
Der damalige Vorsitzende Walter Roßwag hat erstmals die Idee zu einem „Ortsverschönerungswettbewerb“, dem heutigen Blumenschmuckwettbewerb
1972
Erstes Sommerfest im Vereinsgarten – unter freiem Himmel
1975
Gründung der Frauen- und Floristikgruppe
1998
Einweihung des heutigen Vereinsheim nach stetigen Erweiterungen auf dem Gelände im „Lampenloch“
2003
OGV Wilferdingen gewinnt ersten Preis beim Wettbewerb „Internetauftritt 2003“ des Landesverbands
2017
Blütensternwanderung des Kreisverbands mit den drei Remchinger OGVs
2024
Erster Remchinger Streuobstpflegetag im Jubiläumsjahr der drei Remchinger OGVs
jza
Kommentare und Antworten