Fingerzeig auf die Union und klare Kante gegen die AfD
Zwischen Berlin, Nürtingen und Mannheim kam der SPD-Parteichef im Rahmen seines Bürgerdialogs „Klingbeil im Gespräch“ am Freitagabend in den Remchinger Ratssaal, um gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten und Parlamentarischen Geschäftsführerin Katja Mast sowie über 100 Anwesenden aus der Region, für die die Sitzplätze nicht ausreichten, aktuelle Themen zu diskutieren.
„Bei der Bundestagswahl geht es darum, wie wir in Deutschland weiter zusammenleben wollen. Es geht um den Zusammenhalt und darum, ob wir nur die Wirtschaft, oder Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Umwelt gemeinsam sehen und sowohl Frieden als auch Demokratie“, erklärte Mast zu Beginn der Veranstaltung und blickte auf die jüngsten Errungenschaften der Sozialdemokratie in der Region und bundesweit.
„Ich bin der Lars“, gab sich der 46-Jährige aus dem niedersächsischen Heidekreis, der die Bundespartei zusammen mit Saskia Esken führt, bürgernah und locker – schlug aber gleich zu Beginn seiner Rede einen ernsten Ton an. Die Messerattacke von Aschaffenburg, bei der ein zweijähriger Junge und ein 41 Jahre alter Mann starben, gehe nicht auf eine Gesetzeslücke zurück, was den mutmaßlichen Täter, einen Afghanen, betreffe: „Diese Person war psychisch krank und hätte abgeschoben werden müssen. Hier geht es um Behördenversagen.“
Dabei helfe es nicht weiter, die Schuld nach Berlin zu schieben – die Abschiebung sei Ländersache. Aufs Schärfste verurteilte Klingbeil jedoch den Vorstoß von CDU-Chef Friedrich Merz, mit einem Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik möglicherweise eine Unterstützung der AfD zu tolerieren: „Wenn Merz jetzt einfällt, er könnte nächste Woche mit Stimmen der AfD etwas beschließen, dann ist das ein Dammbruch und eine tektonische Verschiebung in unserem Land. Daher fordere ich ihn auf, das zurückzuziehen.“ Zwar kämpfe er um die Stimmen der AfD-Wähler: „Mit ihren Funktionären will ich aber nichts zu tun haben.“
Neben der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, einer Entlastung der arbeitenden Mitte und einer Steuerreform für die Leistungsträger anstatt für die Millionäre im Land wolle die SPD in die Infrastruktur und damit in die Kommunen investieren. Olaf Scholz habe sicher nicht jeden Tag alles richtig gemacht, „aber er war die vergangenen drei Jahre jeden Tag bemüht, den Laden zusammen zu halten, hat Entscheidungen getroffen und diese teils bis zur Selbstaufgabe in der Koalition abgehungert.“ Mit Merz dagegen würde man eine Goldmedaille gewinnen, wenn Zurückrudern olympisch wäre.
Vom AfD-Parteiverbot, das dieser Tage im Bundestag beraten werden soll, bis zur Angst, auf die Straße zu gehen, drehten sich die Fragen der Anwesenden, von der Unterstützung der Ukraine über die Sorge um die Automobilindustrie bis zur Finanznot vieler Kommunen.
Bis die 15-Jährige Andromache Kammenos ans Mikrofon trat. Woher er all das Geld nehmen wolle, fragte die Schülerin Klingbeil und stellte fest: „Sie haben heute Abend viel mit dem Finger auf die Union gezeigt. Dabei hat uns mein Vater immer beigebracht: Wenn du mit dem Finger auf jemanden zeigst, zeigen drei auf dich.“
„Du hast Recht – jetzt werde ich ein schlechtes Gewissen haben, weil du mich ertappt hast“, antwortete der SPD-Chef, „Aber jetzt ist Wahlzeit und man muss die Unterschiede deutlich machen, wobei ich das auf eine freundliche Art und Weise versuche.“
Wie schon zuvor erklärte er, mit einem Deutschlandfonds, einer Steuererhöhung für Reiche, aber auch einer Erhöhung der Erbschaftssteuer für große Erbschaften genug Mittel schaffen zu wollen. Letztere könne direkt den Bundesländern zu Gute kommen und in die Bildung investiert werden. „Und wenn alle Argumente nicht überzeugt haben: Ich habe am 23. Februar Geburtstag“, schloss Klingbeil.
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