Fotoausstellung sorgt für aufrüttelnde Begegnungen und neue Hoffnung

Es sind unvergessene Momente, an die sich die Kinder auf den Fotografien von Sebastian Seibel fröhlich zurückerinnern: die erste Fahrradtour mit dem Papa ganz ohne Stützräder, das Eisessen unter Geschwistern, der Urlaub an der Ostsee, Hausaufgabenmachen und Filmeschauen mit Mama. Plötzlich fehlt der liebe Mensch an ihrer Seite und es wird schwarz im Leben der Kinder.

Für durchaus aufrüttelnde Begegnungen, schluckendes Innehalten, aber auch neue Hoffnung sorgt die Fotoausstellung „Du fehlst mir!“, die der Pforzheimer Fotograf Sebastian Seibel zusammen mit dem Kinder- und Jugendhospizdienst Sterneninsel e.V. ins Remchinger Rathaus gebracht hat. Gemeinsam wollten sie die Trauer sichtbar machen: 24 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben sich an einem Aktionstag vor einer schwarzen Tafel fotografieren lassen. Auf diese Tafel hatten sie zuvor mit weißer Kreide ihre Gedanken, Gefühle oder Fragen an die Verstorbenen zum Ausdruck gebracht – so als ob es Besuchszeiten im Jenseits gäbe: Was möchten sie den Verstorbenen noch erzählen? Welche Wünsche oder Fragen haben sie? Wie ist ihr Leben ohne Mama, Papa oder liebgewonnene Freunde?

Einige Jugendliche hätten zunächst Texte vorgeschrieben, durchgestrichen, zerrissen und neu formuliert, gerade die Kinder hätten meist direkt auf der Tafel losgeschrieben, erinnern sich die beiden Trauerbegleiterinnen Petra Kreis und Myléne Zorn. „Mit dieser Ausstellung wollen wir ganz bewusst auf das Thema Trauer aufmerksam machen und ein Tabuthema mitten in die Gesellschaft rücken“, verdeutlicht Zorn. Sterben, Tod und Trauer seien nicht gerade populär: „Trauernde Kinder werden oft nicht mehr angeschaut oder sie müssen einfach wieder funktionieren, spielen und lachen.“ Umso wichtiger seien dabei Begleitungsangebote wie die der Sterneninsel. Dort finden junge Menschen nach einem Trauerfall einen sicheren Raum, in dem sie mit all ihren Gefühlen willkommen sind – auch Monate oder Jahre danach. So könne das wiedergewonnene Strahlen auf den Bildern von der neuen Hoffnung, fröhlichen Erinnerungen, aber auch vom Stolz, an dem Projekt beteiligt gewesen zu sein, zeugen.

Sebastian Seibel, der sich auf die Portraitfotografie spezialisiert hat, zeigte sich beeindruckt von der Stärke der jungen Menschen: „Gleichzeitig wollten wir damit zum Ausdruck bringen, was die Sterneninsel leistet und wie froh man sein kann, zu wissen, dass jemand da ist, wenn im Familien- oder Freundeskreis ein Todesfall auftritt.“ Auch Bürgermeisterin Julia Wieland verweist darauf, dass das Thema ein unbequemes, oft tabuisiertes sei, das sie trotz mancher Kritik ganz bewusst ins Rathaus geholt habe: „Der Tod wird uns alle einmal einholen. Gleichzeitig ist die häufigste Lüge die Antwort auf die Frage, wie es einem geht“, erklärt sie und verdeutlicht, wie tröstend es sei, wenn sich Menschen begleiten. Gleichzeitig können Erinnerungen und Trauer innerlich stärken, wie es schon Albert Schweitzer zum Ausdruck gebracht habe: „Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen.“

Für die musikalische Umrahmung der Ausstellung sorgten von der Musik- und Kunstschule Westlicher Enzkreis e.V. Jolastika Haag und Jonas Bohlinger mit bewegenden Liedtexten, begleitet von Judith Ritter am Klavier.

jza

Die Ausstellung samt Gästebuch ist den Sommer über zu den regulären Rathaus-Öffnungszeiten zu sehen.

Das Thema Trauer junger Menschen bewusst in den Fokus gerückt hat der Pforzheimer Fotograf Sebastian Seibel (am Mikrofon) zusammen mit Mitarbeiterinnen der Sterneninsel um den Vorsitzenden Thorsten Gieske (rechts daneben). Foto: Zachmann
Die Idee zum Fotoprojekt hatten die Trauerbegleiterinnen Myléne Zorn (links) und Petra Kreis zusammen mit dem Sterneninsel-Vorsitzenden Thorsten Gieske (Dritter von links) und dem Pforzheimer Fotografen Sebastian Seibel. Foto: Zachmann
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