Junges Paar aus Remchingen haucht altem Fachwerkhaus neues Leben ein
Friedrich VII. Magnus war Markgraf von Baden-Durlach, die abgebrannte alte Remchinger Wasserburg diente als Steinbruch und der Spanische Erbfolgekrieg tangierte die Region, als 1705 ein Fachwerkhaus inmitten der Kleinen Kirchstraße in Wilferdingen in die Höhe wuchs.
Über 300 Jahre später stehen Jessica und Patrick Brückel auf dem Gerüst, prüfen mit dem geschulten eines Zimmermanns Balken für Balken und legen selbst Hand an, wenn hier und da ein Austausch nötig ist.
Die meisten jedoch sind nach wie vor stabil und selbst die wenigen, die sie tauschen müssen, holen sie von ebenso alten abgerissenen Häusern oder Schuppen aus der Region: „Damit das Holz zum anderen passt und nicht mehr arbeitet“, erklärt Patrick Brückel, der sich mit seiner Frau vor zwei Jahren entschieden hat, das denkmalgeschützte Haus, in dem seit Generationen seine Familie und zuletzt seine Großmutter lebte, mit neuem Leben zu füllen.
Eine Entscheidung, die den beiden 29-Jährigen ein paar schlaflose Nächste und unzählige Überraschungen beschert hat – die sie aber trotz schier pausenloser Arbeit kein bisschen bereut haben: „Bei so einem Projekt kann man nicht einfach zum nächsten Baumarkt gehen, wenn man etwas braucht und auch nicht jeden Handwerker fragen.
Aber das Haus und die Scheune bieten uns genug Platz, wir können nahe bei unseren Eltern wohnen und dazu in einer tollen Gemeinde.“ Auch wenn die beiden hauptberuflich in der Industrie und im Büro arbeiten, sind sie mittlerweile zu talentierten Hobbyhandwerkern geworden, kümmern sich neben dem Fachwerk um das Verfüllen der Wände mit Naturstoffen wie Lehmstein, Holzweichfaserplatten und selbst angerührtem Lehm, betonieren, dämmen und klopfen Schlitze für Leitungen.
Wo früher bis zu 20 Menschen Schutz suchten, tauschen sie heute Öl- und Nachtspeicheröfen gegen eine Wärmepumpe samt PV-Anlage auf der Scheune, den Holzherd gegen Induktion, legen Warmwasserleitungen und haben bereits Glasfaser gebucht.
Trotzdem bleibt auch Innen der Charme von früher erhalten: Neben neuen Sprossenfenstern – ohne Läden, da diese ursprünglich nicht original waren – halten restaurierte Möbel und ein Holzofen für die Stuben mit niedrigen Decken Einzug. Anstatt Tapeten sorgt der selbstverputzte Lehm dafür, dass das Holz genug Luft bekommt. Inspirationen holen sie sich neben dem Rat von Experten und der Denkmalschutzbehörde aus Büchern, von YouTube-Videos oder Besuchen ähnlicher Projekte – ob im Elsass oder auf kurzen Wegen beim Darmsbacher Dreiseithof, wohin sie vor Jahren der Tag des offenen Denkmals geführt hatte.
„Jetzt möchten wir auch selbst unsere Baustelle öffnen und andere motivieren, die vor ähnlichen Entscheidungen stehen“, blickt Jessica Brückel auf den bundesweiten Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 14. September, an dem sie von 14 bis 18 Uhr geöffnet haben.
Bereits ab 13 Uhr geöffnet haben außerdem wenige Meter weiter die Alte Kirche Wilferdingen, wo Helene Schwarz zahlreiche Kleidung, Bilder und Anekdoten von Hochzeiten zu Großeltern Zeiten zeigt, und das Römermuseum am Fuße des Niemandsbergs, wo es neben den Ausstellungen das Museumscafé und einen Bücherflohmarkt gibt.
jza
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