Remchingen beschließt verspäteten Haushalt als Fundament für die Zukunft

Alles außer gewöhnlich ist der diesjährige Remchinger Haushaltsplan, den CDU, SPD und Freie Wählervereinigung am Donnerstagabend mit vier Gegenstimmen und einer Enthaltung aus Reihen von Grünen und Bürgerliste genehmigten. Wie berichtet hatte sich die Erstellung des Zahlenwerks monatelang verzögert, nachdem der Kämmerer die Gemeinde nach kaum zwei Jahren im Dienst verlassen hatte.

Der Plan rechnet mit einem vergrößerten Ergebnishaushalt von 39,5 Millionen Euro und einem Finanzhaushalt als Abbild der Investitionen in Höhe von 20,3 Millionen Euro – nahezu doppelt so viel wie im Vorjahr. Beides zusammen ist ein Remchinger Rekordvolumen und führt neben hohen Kreditaufnahmen (6,4 Millionen Euro in 2025, weitere rund 16 Millionen Euro in den Jahren 2026 bis 2028) zu einem Minus von 3,3 Millionen Euro als ordentliches Ergebnis im Jahr 2025. Neben der gestiegenen Kreis- und Finanzausgleichsumlage machten Bürgermeisterin Julia Wieland (parteilos) und Kommunalberater Thomas Berninger, der interimsweise eingesprungen war, um den Plan mit heißer Nadel zu stricken die enormen Investitionsprojekte für das Ergebnis verantwortlich: Im laufenden Jahr gehören Ausgaben für den Kinder- und Jugendcampus in Wilferdingen mit Kindergarten, Kernzeit und Mensa, der wohl erst im Dezember oder Januar eröffnet werden soll (11,4 Millionen Euro) sowie Raten für die Sanierung von Turnhalle und Hallenbad in Singen (5 Millionen Euro) zu den größten Investitionen. Auch in effizientere Verwaltungsprozesse, die Feuerwehr und Schulen sei bereits investiert worden, während in den kommenden Jahren der Neubau des Feuerwehrhauses und das Neubaugebiet Schleichert/Attichäcker in Nöttingen, die Sanierung der Bergschule Singen sowie weitere Schul- und Infrastruktursanierungen in der Pipeline stehen. Auch ein Vereinsförderprogramm solle es 2026 wieder geben.

Eingangs der Sitzung hatte sich Johannes Kolaska aus Singen zu Wort gemeldet und unter anderem vorgeschlagen, neue Gewerbegrundstücke künftig zu verpachten anstatt zu verkaufen. Außerdem kritisierte er die geplante Schaffung einer zweiten Stellvertreterstelle für den Kämmerer. In ihren in kurzgefassten Haushaltsreden dankten die Fraktionsvertreter insbesondere Wieland, Berninger und dem Team des Rechnungsamtes für die Interimslösung, die Mut bewiesen habe. Dabei klang immer wieder die zukünftig gebotene Aufgabenkritik an. „Der aktuelle Haushaltsplan ist ein Fundament, kein Ziel“, verdeutlichte Martin Gegenheimer (CDU). Es handle sich nicht um einen großen Zielentwurf, sondern um einen notwendigen Zwischenschritt, der Stabilität schaffen solle. Zur Verzögerung hätten beide vergangene Kämmerer auf ihre jeweilige Art beigetragen. In 2026 müsse die Gemeinde ehrlich priorisieren und diszipliniert haushalten: „Wir müssen realistische Entscheidungen treffen, auch wenn sie manchmal unbequem sind.“ „Sparen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Ausdruck von Verantwortung gegenüber den Bürgern und folgenden Generationen“, erklärte Martin Rothweiler (FWV). Im Auge behalten müsse man die steigenden Personalausgaben und gegebenenfalls auf externe Dienstleister und Chancen der Digitalisierung setzen. Die Haushaltslage könne sich langfristig durch Anhebung der Hebesätze, aber auch durch erweiterte und neue Gewerbegebiete entspannen.

Zwar lese sich der Haushalt nicht so düster wie vom Ex-Kämmerer angekündigt, trotzdem sei die hohe Kreditaufnahme zur Deckung der gewaltigen Investitionen vermeidbar gewesen, argumentierte Klaus Fingerhut (Grüne): „Stille Reserven und Kapitalanlagen hätten ausgereicht.“ Wegen Renditeerwartungen und Risikoabwägungen, die die beiden Grünen-Räte nicht teilen würden, seien diese nicht angerührt worden. Insbesondere deshalb stimmten sie gegen den Plan. Mit Ausnahme des Wassers und Abwässern sehe Fingerhut weder die Notwendigkeit, Steuern oder Gebühren für Pflichtaufgaben zu erhöhen noch, dass die Gemeinde auf ungewisse Steuererträge weiterer Gewerbegebiete angewiesen sei. Priorität hätten die Überprüfung von Verwaltungsprozessen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen.

„Wir greifen unsere Substanz an“, bemerkte Tomislav Glavas (SPD). Gleichzeitig habe Erfolg seinen Preis und Projekte wie der Nöttinger Feuerwehrneubau oder die Altenpflegeheimerweiterung dürften nicht aufgeschoben werden. Er plädierte neben einer behutsamen Gebührenanpassung für eine rasche Fortschreibung des Flächennutzungsplans. Ute Praefcke begründete zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung der Bürgerliste mit den hohen Kreditaufnahmen: „Dabei richten wir die Kritik vielmehr gegen die frühere Verwaltungsspitze, die dafür gesorgt hat, dass wir in den letzten Jahren über unsere Verhältnisse gelebt haben.“ Die neue Kita und Mensa seien ebenso wie der Rathausneubau aus ihrer Sicht ein Beispiel für „hausgemachte Finanzprobleme“ und eine schwere Hypothek, die der damalige Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon vor seinem Weggang hinterlassen habe.

jza

Ausgaben für den Kinder- und Jugendcampus in Höhe von 11,4 Millionen Euro bilden über die Hälfte der Investitionen des verspäteten Remchinger Haushaltsplans für das Jahr 2025 ab. Die Eröffnung des Campus verzögert sich auf Dezember oder Januar. Foto: Zachmann
GR Ute Praefcke Bürgerliste
GR Klaus Fingerhut Grüne
GR Tomislav Glavas SPD
GR Martin Rothweiler FWV
GR Martin Gegenheimer CDU
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