Remchingen stimmt gegen weitere Planung von Lärmschutzwänden

Von vorbeiratternden Güterwaggons und durchrauschenden Schnellzügen können die Anwohner der Eisenbahnstraße in Singen und oberhalb der Bahnhofstraße in Wilferdingen längst ein Lied singen. Trotzdem hat der Remchinger Gemeinderat nun mehrheitlich entschieden, die Pläne der Deutschen Bahn zur Errichtung von Lärmschutzwänden nicht weiter zu verfolgen – und bekam immer wieder Applaus von einem Großteil der anwesenden Anwohner.

Wie kam es dazu? Wie berichtet hatte die Bahn im Februar ihre Planungen präsentiert, die die gesamte Bahntrasse zwischen Niefern und Pfinztal betreffen. In diesem Streckenabschnitt sind überall dort, wo der Grenzwert von 54 Dezibel in der Nacht bei Wohnbebauung überschritten ist, im Rahmen eines freiwilligen Bundesprogramms geförderte Lärmschutzmaßnahmen möglich. Ein dreidimensionales Geländemodell mit dem anhand von Zukunftsprognosen berechneten Lärmgutachten zeigte vor allem eine Betroffenheit für die Anwohner der Eisenbahnstraße in Singen und Teile der dahinterliegenden Pfinzstraße sowie in Wilferdingen für den Bahnhofsbereich und den Schafweg. Eine 843 Meter lange Schallschutzwand in Singen sowie eine 475 Meter lange Wand in Wilferdingen könnte den Berechnungen zufolge für Entlastung der meisten Häuser sorgen. Allerdings nur auf dem Papier – eine konkrete Vorort-Planung erfolgt erst nach grünem Licht der Gemeinde.

Dabei hätten die Wände eine Höhe von drei Metern – aufgrund des Mindestabstands zu den Gleisen und des starken Gefälles am Bahndamm könnten sie in Singen nach Einschätzung von Bauamtsleiter Markus Becker jedoch nur neben dem Damm an der Straße gebaut werden. Der Damm sei an seiner höchsten Stelle jedoch selbst schon 2,90 Meter hoch, so Becker, der selbst nachgemessen habe. „Entweder würde die Wand keinen Sinn machen, da der Zug darüberfährt oder man müsste sechs Meter hoch bauen – da muss man nicht weiterreden“, verdeutlichte Becker.

Eine Umfrage der Gemeindeverwaltung unter den betroffenen Einwohnern beider Ortsteile habe zudem ergeben, dass nur 26 Prozent für und 37 Prozent gegen Lärmschutzwände sind. „Wenn die Mehrheit der Befragten, die abgestimmt haben, die Wand nicht will, müssen wir das berücksichtigen“, unterstrich Martin Rothweiler (FWV), während Klaus Fingerhut (Grüne) auf Nachfrage erfuhr, dass bei einer möglichen Entwicklung des Brodbeckgeländes aufgrund des Baubeginns nach dem Jahr 2015 ohnehin nicht die Bahn für den Lärmschutz sorgen müsse. Hans Zachmann (CDU) gab das Anliegen von Anwohnern des Schafwegs weiter, wenn, dann auch gleich den Straßenlärm mit einzubinden – aus Erfahrung lasse sich die Bahn darauf aber nicht ein, verdeutlichte Bürgermeisterin Julia Wieland (parteilos).

„Die Eisenbahnsträßler sind da“, rief eine Besucherin während der Sitzung, „Es ist zwar wunderschön, dass die an uns denken – aber wir wollen das nicht.“ Anstatt auf eine Wand zu blicken, blicke man lieber auf den Damm, so die Anwesenden, die außerdem weniger Luftzirkulation in der engen Straße befürchteten. Einstimmig lehnte das Gremium eine weitere Planung für die Singener Seite ab. Etwas mehr Zuspruch hätten die Wände auf der Wilferdinger Seite gefunden, auch wenn manche Anwohner eine Echowirkung für den Straßenverkehr befürchteten, die Becker aufgrund der absorbierenden Wirkung der Wände jedoch ausschließend konnte. Mit einer Pattsituation von acht Ja- und acht Nein-Stimmen bei fünf Enthaltungen lehnte der Rat letztlich auch hier eine weitere Planung ab. Stattdessen soll für alle Betroffenen je nach Jahr der Baugenehmigung und Nutzung für bestimmte Zimmer die Möglichkeit bestehen, schalldichte Fenster und Lüfter, in Einzelfällen auch spezielle Dämmungen, zu drei Vierteln der Kosten von der Bahn fördern zu lassen.

jza

Mehrheitlich abgelehnt hat der Remchinger Gemeinderat weitere Planungen für Lärmschutzwände entlang der Bahntrasse. Auch die Anwohner waren mehrheitlich dagegen – insbesondere, da auf der Singener Seite aufgrund der topografischen Begebenheiten eine drei Meter hohe Wand keinen Sinn machen würde oder man auf eine sechs Meter hohe Wand blicken würde. Foto: Zachmann (Archiv)
Mehrheitlich abgelehnt hat der Remchinger Gemeinderat weitere Planungen für Lärmschutzwände entlang der Bahntrasse. Auch die Anwohner waren mehrheitlich dagegen – insbesondere, da auf der Singener Seite aufgrund der topografischen Begebenheiten eine drei Meter hohe Wand keinen Sinn machen würde oder man auf eine sechs Meter hohe Wand blicken würde. Foto: Zachmann (Archiv)
Am Wilferdinger Schafweg hatten Anwohner angeregt, gleich auch den Straßenlärm einzubeziehen – worauf sich die Bahn nach Einschätzung der Gemeinde aber nicht einlasse. Foto: Zachmann
Am Wilferdinger Schafweg hatten Anwohner angeregt, gleich auch den Straßenlärm einzubeziehen – worauf sich die Bahn nach Einschätzung der Gemeinde aber nicht einlasse. Foto: Zachmann
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Bemerkungen :

  • user
    Kramlich Dimitri 07.01.2025 um 22:28
    Alles ist natürlich relativ, aber ich denke, im Großen und Ganzen sind wir im Dorf nicht besonders vom Lärm der vorbeifahrenden Züge betroffen. Ein Bahnhof in Remchingen bietet viele Vorteile und Bequemlichkeiten, die die kleinen Nachteile, zu denen auch ein gewisser Lärm gehört, überwiegen. Allerdings kann ein Zug im Prinzip nicht völlig geräuschlos sein, es sei denn, er ist magnetisch (was aber in höher entwickelten Ländern wie China der Fall ist). Außerdem fahren hier keine Fernverkehrszüge durch. Bei geschlossenen Fenstern im Haus hören wir die Züge überhaupt nicht, obwohl der Bahnhof ganz in der Nähe ist. Der Hauptlärm entsteht vor allem durch das Rattern der Räder. Aber mit geschweißten Schienen ist dieses Problem fast völlig verschwunden.

    Ich bin generell gegen Mauern, weil eine weitere Mauer die Sicht versperrt, in manchen Fällen andere technische Einschränkungen mit sich bringt, sich hinter ihr Müll ansammeln kann, sie von Jugendlichen umrissen werden kann (wie in der äußerst unattraktiven Unterführung am Bahnhof). Das alles zusammen macht unser Dorf nicht schöner. Wozu brauchen wir betongraue Zäune an allen Seiten? Vielleicht könnte man irgendwo am Ortseingang (von Kleinsteinbach nach Singen) theoretisch etwas machen. Dort fahren die Züge am nahesten an den Häusern vorbei. An anderen Stellen nützt das überhaupt nichts. Ein schnell vorbeifahrender Zug für ein paar Sekunden ist nichts im Vergleich zu dem fünfzehnminütigen ohrenbetäubenden und monotonen Glockengeläut auf dem Glockenturm einer evangelischen Kirche :) Da ist es wirklich ein Problem :)

    Es wäre besser, wenn die Deutsche Bahn das zusätzliche Geld, wenn sie denn welches hat, in die Verbesserung ihrer Organisation, in die Verbesserung der Personalpolitik, in die Erhöhung der Gehälter, in die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, in die Erneuerung des Wagenparks (warum nicht mal träumen) investieren würde. Ein viel größeres Problem ist das Fehlen einer normalen Durchgangsmöglichkeit durch die Unterführung für Behinderte und Kinderwagen. Außerdem weckt die Unterführung selbst mit ihrem Schmutz und Geruch Erinnerungen an die Ukraine in den 90er Jahren :)