Schwiegervater und Schwiegersohn sorgen für kunstvolle Symbiose
Der eine kann den Acrylfarben im eigenen Farbkasten nicht viel abgewinnen, der andere könnte sich Aquarelltöne auf seinen Leinwänden kaum vorstellen – und gerade dadurch sorgen Roland Bittighofer und sein Schwiegersohn Reiner Dalmus mit ihrer aktuellen Ausstellung im Remchinger Rathausneubau für ein kunstvolles Zusammenspiel. Am Dienstagabend eröffneten die beiden leidenschaftlichen Hobbykünstler aus Singen zusammen mit Bürgermeisterin Julia Wieland ihre Bilderausstellung, die noch bis Januar auf allen vier Etagen des Ratshausneubaus zu sehen ist.
So einig sich die beiden innerhalb der Familie sind – so verschieden sind ihre beiden Kunststile, wie die Vernissage mit Stehempfang verdeutlichte. Schon als Kleinkind hat Roland Bittighofer, wenn es draußen kalt war, liebend gerne mit den Fingern an die beschlagenen Scheiben gemalt: „Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Angesicht“, erinnert sich der 82-Jährige, „Langer Käse, runde Butter – fertig ist die Schwiegermutter.“ In den Kriegsjahren habe das Geld weder für Buntstifte, noch für Papier gereicht: „Also haben wir mit dem Griffel auf Schiefertafeln oder mit einem Bleistift auf Zeitungen gemalt“, verdeutlicht der spätere Graveur, der die Leidenschaft am Malen später wiederentdeckt und sich die Grundkenntnisse als Autodidakt selbst beigebracht hat: „Auch wenn ich anfangs so manche Blätter wieder zerreißen musste.“ Gerade bei Spaziergängen durch die Natur sind dem langjährigen Hobbyimker viele Motive in den Sinn gekommen, die ihn abends zum Pinsel greifen ließen: „Auch wenn es dann mal nach Mitternacht wurde – aber wenn man ein Aquarell angefangen hat, muss man es auch fertig machen. Sonst ist die innere Spannung weg.“
Anders ist das bei seinem Schwiegersohn Reiner Dalmus, der seinen ersten VHS-Kunstkurs vor 20 Jahren von seiner Frau geschenkt bekommen hatte und schon bald vom Aquarell weg hin zur Acrylmalerei kam: „Da kann ich die Leinwände auf der Staffelei stehen lassen und wieder weiter daran arbeiten oder Dinge ergänzen, die mir erst während des Malens einfallen.“ Während Bittighofer von Anfang an ein festes Motiv im Blick hat, lasse Dalmus sich währenddessen leiten: „Das Bild entsteht dann erst beim Malen.“ Zwischen den stimmungsvollen Landschafts- und Stillleben-Gemälden von Bittighofer zwitschern so beispielsweise die grünen Papageien von Dalmus bei ihrer munteren „Sitzung“ oder die „Women in red“ bestechen in knalligen Kleidern. Zusammengebracht hat die beiden übrigens ihr Enkel und Sohn Julian Dalmus, der die Idee zur gemeinsamen Ausstellung hatte. Nicht etwa, um wieder Platz an den heimischen Wänden zu schaffen, sondern „um die beiden bewusst wieder zum Weitermalen zu animieren.“ Während er selbst von seinem Opa die Leidenschaft zur Imkerei geerbt hat, pocht die künstlerische Ader bei seiner Schwester Agnetha weiter, die unter anderem schon die Jahreslosung für die Kirchengemeinde Singen kunstvoll aufs Papier gebracht hat – in ihrer ganz eigenen Technik.
jza
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