Remchinger Gemeinderat erklärt Rücktrittswunsch erneut eine klare Absage

Keine Viertelstunde dauerte am Donnerstagabend die Sondersitzung des Remchinger Gemeinderats, in der alle anderen Fraktionen dem Bürgerliste-Kandidat Dr. Lorenz Praefcke erneut eine klare Absage gegen seinen Antrag gaben, als gewählter Gemeinderat sein Amt nicht annehmen zu müssen.

Der 85-Jährige Allgemeinmediziner im Ruhestand, der vor der Wahl und bei der Bekanntgabe des Ergebnisses noch beteuert hatte, antreten zu wollen, hatte wie berichtet zur konstituierenden Sitzung beantragt, das Ehrenamt abzulehnen – zuerst aufgrund von Krankheit, dann wegen seines Alters.

Die Vollendung des 67. Lebensjahres ist laut Gemeindeordnung einer der „wichtigen Gründe“, unter denen ein Bürger ein Ehrenamt ablehnen kann, auch wenn das Gremium formal zustimmen muss. Beim Alter gebe es jedoch keinen Ermessensspielraum, alles andere als eine Zustimmung wäre ein rechstwidriger Beschluss, hatte Bürgermeisterin Julia Wieland (fraktionslos) schon damals begründet.

Trotzdem stimmten bis auf sie selbst und Wolfgang Oechsle (Bürgerliste) alle anderen Räte des zu der Zeit noch alten Gremiums dagegen. Preafckes Tochter Ute hatte sich derweil wegen Befangenheit vom Tisch gesetzt.

Dasselbe Stimmungsbild ergab sich nun erneut mit dem neuen Gremium – diesmal jedoch ohne jeglichen Kommentar, während vor zwei Wochen wie berichtet scharfe Kritik gegen das Vorgehen der Bürgerliste laut wurde. So kritisierten die anderen Fraktionen, dass die Bürgerliste mit der Nominierung des Altgemeinderats, der 2011 und 2021 schon einmal auf eigenen Wunsch vor Ablauf seiner Amtszeit zurückgetreten war, ihre Wähler vorsätzlich getäuscht habe.

„Setzen Dr. Praefcke, Wolfgang Oechsle und die Bürgerliste stattdessen auf Trittbrettfahrerei und Geburtshilfe für eigentlich nicht gewählte Gemeinderatsmitglieder?“, fragten CDU, FWV, SPD und Grüne daraufhin in einer öffentlichen Stellungnahme im Remchinger Mitteilungsblatt und hier bei Remchingen-prima.

Zuschauerin Marianne Butz hatte diese eingangs der Sitzung am Donnerstag lobend erwähnt und erhielt Applaus aus dem Publikum. „Wieder muss ich dem Beschluss aufgrund von Rechtswidrigkeit widersprechen“, unterstrich jedoch die Bürgermeisterin nach der Entscheidung erneut – die Angelegenheit werde daher nun dem Landratsamt zur weiteren Entscheidung vorgelegt.

Dem Wortlaut der Gemeindeordnung nach scheine die Sache klar, begründete wie hier berichtet Gemeinderat Tomislav Glavaš (SPD) seine Ablehnung in einer persönlichen Pressemitteilung außerhalb der Sitzung – man müsse aber mit Blick auf den Sinn und Zweck einer Rechtsnorm auch die teleologische Auslegung betrachten: „Die Regelung bedeutet nicht, dass ein Kandidat sich kurz vor der Wahl aufstellen lässt und kurz nach der Wahl aus Altersgründen abspringt. Wenn man sich vor der Wahl jung genug fühlt und kurz danach das Alter als Ablehnungsgrund heranzieht, ist das schlicht und ergreifend Betrug. Das Wahlrecht, das höchste Gut der Demokratie, wird hier von der Bürgerliste mit Füßen getreten.“

Sollte die Kommunalaufsichtsbehörde diese am Sinn und Zweck orientierte Auslegungsart nicht anwenden, wäre ein Präzedenzfall geschaffen, blickt Glavaš der weiteren Entscheidung gespannt entgegen.

„Wenn der Gemeinderat nun auch zum zweiten Mal einen rechtswidrigen Beschluss fasst und uns als Bürgerliste dabei Rechtswidrigkeit vorwirft, was soll man dazu dann noch sagen“, erklärte dagegen Altbürgermeister Wolfgang Oechsle auf Nachfrage nach der Sitzung. 

jza

 

Im März 2021 hatte Dr. Lorenz Praefcke (links), hier mit Bürgerliste-Sprecher Wolfgang Oechsle, zum zweiten Mal sein Amt als Gemeinderat vorzeitig niedergelegt. Ob er das Amt erneut ohne Weiteres ablehnen kann, entscheidet nun das Landratsamt. (Archivfoto: Zachmann)
Nach der Ergebnisbekanntgabe der Remchinger Gemeinderatswahl im Juni 2024 wollte Dr. Lorenz Praefcke (Zweiter von links) sein Amt noch annehmen, nun muss das Landratsamt entscheiden, ob er es ohne Weiteres ablehnen kann. Das Bild zeigt ihn mit Gemeinderat Wolfgang Oechsle, Bürgerliste-Unterstützer Michael Loewenstein und Gemeinderätin Ute Praefcke. (Archivfoto: Zachmann)
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